Gemeindegebietsreform und kein Ende?

Mit dem 01.Januar 2011 hat der Innenminister Holger Hövelmann sein Ziel erreicht, in dieser Wahlperiode mit Zuckerbrot und Peitsche seine Gemeindegebietsreform abzuschließen und nicht zum Wahlkampfthema machen zu lassen, die letzten Kommunen wurden zwangseingemeindet. Ob die Bürger ihm und den Regierungsparteien CDU und SPD das bis zur Landtagswahl verzeihen werden, wird der 20. März 2011 zeigen. Wieder einmal hat die Parteiendemokratie über die Basisdemokratie gesiegt.

Auch die Gemeinde Rieder hat ihre politische Selbstständigkeit zum Jahresanfang verloren und ist Ortsteil von Quedlinburg geworden. Aus diesem Grunde werden wir vor dem Dorfgemeinschaftshaus einen Gedenkstein aufstellen, der uns und alle Vorbeifahrenden an 1074 Jahre Unabhängigkeit von 936 bis 2010 und das in diesem Zeitraum Geschaffene, das man uns nicht mehr nehmen kann, erinnern soll. Da die Gerichte eine einstweilige Verfügung und damit eine aufschiebende Wirkung nicht ausgesprochen hätten, wurden in dieser Richtung keine Schritte unternommen. Es laufen von der untergegangenen Gemeinde Rieder im Wesentlichen noch zwei Klagen zur Durchsetzung der von der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung gewünschten Lösungsmöglichkeiten. Die erste Klage vor dem Verwaltungsgericht richtet sich gegen die Entscheidung der unteren Kommunalaufsichtsbehörde über die Versagung der Bildung der Einheitsgemeinde Gernrode/Harz. Die zweite Klage vor dem Landesverfassungsgericht richtet sich gegen das Gesetz über die Neugliederung der Gemeinden im Land Sachsen-Anhalt betreffend den Landkreis Harz (GemNeuglG HZ) sowie ggf. gegen das 2. Begleitgesetz zur Gemeindegebietsreform. Beide Klagen wurden finanziell durch Beschlüsse der untergegangenen Gemeinderäte abgesichert und die ehemaligen Bürgermeister und jetzigen Ortsbürgermeister bzw. deren Vertreter wurden als sogenannte Amtsverweser mit der Weiterverfolgung dieser Klagen beauftragt. Entscheidungen werden erst Mitte 2011 erwartet. Bis dahin werden die Verwaltungsangelegenheiten der Stadt Quedlinburg mit ihren Ortsteilen so geführt, dass eine Rückabwicklung jederzeit noch möglich ist.

Bis zu dieser endgültigen Entscheidung durch die Gerichte wird aber die Verwaltungsarbeit durch die Ortschaften nicht behindert werden, sondern es werden gemeinsame Lösungsmöglichkeiten im Interesse der Einwohner gesucht. Erste Vorstellungen der Ortschaften wurden in die im November 2010 beschlossene neue Hauptsatzung der Stadt Quedlinburg eingearbeitet. Die Ortschaftsräte werden sich eigene Geschäftsordnungen geben, die mehr ihren bisherigen entsprechen. Die Kandidaten für die vom 18. bis 20. Januar 2011 zu wählenden 9 neuen Stadträte der 3 Kommunen haben die Absicht geäußert, eine eigene parteiübergreifende "Fraktion der Zwangseingemeindeten" zu bilden. Diese Vorstellungen sind nach 16 Jahren sehr erfolgreicher Zusammenarbeit im Gemeinschaftsausschuss realistisch und würden die zweitstärkste Fraktion im Quedlinburger Stadtrat entstehen lassen, die dann auch in allen Ausschüssen vertreten wäre, das Recht auf den Vorsitz eines Ausschusses anmelden und die gemeinsamen Interessen der eingemeindeten Orte besser vertreten könnte.

 

 

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