Referentenentwurf

Auszug aus dem Referentenentwurf zur Gemeindegebietsreform aus dem Jahr 2009 für Gernrode, Bad Suderoe und Rieder

Im Rahmen der 2006/2007 durchgeführten Untersuchungen der Verflechtungsbeziehungen zwischen Mittelzentren und angrenzenden Gemeinden haben sich weder bei Gernrode noch bei Bad Suderode und Rieder enge Verflechtungen zum Mittelzentrum Quedlinburg erkennen lassen, die im Wege einer Teileingemeindung oder Eingemeindung einer Lösung zugeführt werden müssten. Bei Auswertung der Kriterien, die der Untersuchung zugrunde gelegt waren, hat Bad Suderode von insgesamt 100 zu vergebenden Punkten einen Punktwert von 28, Rieder von 23 und Gernrode von 21 erreicht. Letztlich drängen sich für eine Zuordnung der Stadt Gernrode und der Gemeinden Bad Suderode und Rieder in das Mittelzentrum Quedlinburg auch sonst keine Gründe des Gemeinwohls auf.
Damit ergibt sich für die Stadt Gernrode und die Gemeinden Bad Suderode und Rieder nur eine Zuordnung zur Stadt Ballenstedt. Eine einheitlich Zuordnung der drei Orte entspräche dem eindeutig geäußerten Bürgerwillen und den von den Vertretungen der betroffenen Gemeinden mehrmals zum Ausdruck gebrachten Bekundungen, die örtlichen Verbundenheiten zwischen ihren Orten auch im Rahmen der Neugliederung zu bewahren. Die Bedeutung der örtlichen Verbundenheit für die Neugliederung der Gemeinden hebt bereits das Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz hervor, indem es bestimmt, dass bei der Neugliederung die örtlichen Zusammenhänge berücksichtigt werden sollen. Über dieses einfachrechtliche Gebot hinaus ist auch der Gesetzgeber verfassungsrechtlich gehalten, die Bedeutung der örtlichen Verbundenheit der Gemeindebewohner in seine Abwägung einzubeziehen. Denn ein etwaiger Verlust an kommunaler Verbundenheit ist schon mit Blick auf die Demokratiefunktion der Selbstverwaltung von verfassungsrechtlichem Belang.


Gestützt werden kann die Eingemeindung von Gernrode, Bad Suderode und Rieder in die Stadt Ballenstedt auch durch wirtschaftliche und siedlungsstrukturelle Verbundenheiten zu Ballenstedt, insbesondere zwischen Rieder und Ballenstedt. In Rieder befindet sich der Steintagebau „Harzer Grauwacke Rieder", der von der Mitteldeutschen Baustoffe GmbH betrieben wird. Der Steintagebau liegt am Nordhang des Harzes zwischen den Ortschaften Ballenstedt und Rieder im Eulenbachtal. Die Zufahrt zum Betrieb erfolgt über eine direkte Straßenanbindung von der von Rieder nach Ballenstedt führenden Landstraße L 242 in Höhe des Parkplatzes Roseburg. Aus der Harzer Grauwacke werden in Rieder hochwertige Straßenbaumaterialien hergestellt und vertrieben. Die Abbaufähigkeit in Rieder wird in absehbarer Zeit auslaufen. Perspektivisch soll die Hartsteingewinnung von der Lagerstätte Ballenstedt-Rehköpfe erfolgen, welche als Nachfolgelagerstätte für Rieder betrieben werden soll. Diese ist im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsgemeinschaft als Vorranggebiet für Rohstoffe ausgewiesen. Nach vorliegenden Erkenntnissen gibt es Überlegungen des Betreibers, die Grauwacke über ein Tarnsportband nach Rieder zu transportieren, dort zu verarbeiten und abzutransportieren. Eine Eingliederung von Rieder in die Stadt Ballenstedt wird die Konzeption für die Rohstoffgewinnung im Bereich Rieder-Ballenstedt vereinheitlichen und erleichtern können.
Für die Zuordnung der Gemeinde Rieder zusammen mit der Stadt Gernrode und der Gemeinde Bad Suderode zur Einheitsgemeinde Ballenstedt sprechend die historischen Verbundenheiten und örtlichen Gegebenheiten mit Ballenstedt. Die historische Verbundenheit der Gemeinde Rieder richtete sich in den vergangenen Jahrhunderten immer Richtung Osten. Seit der Gründung des Landkreises Ballenstedt im Jahre 1863 gehörte die Gemeinde Rieder diesem an. Erst nach der Auflösung des Landkreises Ballenstedt im Jahre 1952 wurde Rieder dem Landkreis Quedlinburg zugeordnet. Wenn auch am Rande des ehemaligen Landes Anhalt gelegen, fühlten sich die Einwohner von Rieder immer als Anhalter und nicht als Preußen.
Ferner trägt eine Eingemeindung der Stadt Gernrode und der Gemeinden Bad Suderode und Rieder in die Einheitsgemeinde Ballenstedt zu einer Stärkung der neuen Einheitsgemeinde bei. Durch die Eingemeindung der drei Orte wird die Einheitsgemeinde Stadt Ballenstedt einen Einwohnerzuwachs von 7.743 erfahren und dann eine Einwohnerzahl von insgesamt 16.104 erreichen.
Im Ergebnis der Abwägung werden die Stadt Gernrode und die Gemeinden Bad Suderode und Rieder in die Stadt Ballenstedt eingegliedert. Die drei Orte können eine leitbildgerecht und damit künftig leistungsfähige Struktur nur durch ihre Eingemeindung in die angrenzende Stadt Ballenstedt erreichen. Sie verlieren damit ihre Eigenständigkeit und ihr Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Der Eingriff ist jedoch wie ausgeführt aus Gründen des öffentlichen Wohls gerechtfertigt und verhältnismäßig. Der Gesetzgeber geht hier konsequent nach dem ihm im Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz konkretisierten und verfassungsgemäßen Gemeinwohlaspekten aus.
Diese Worte sind ein Auszug aus dem Referentenentwurf des Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetzes, das dem Landtag vorgelegt wurde. Wie man diesen Entwurf so verfäl-schen konnte, dass im Ergebnis nur eine Zuordnung nach Quedlinburg in Frage kommt, ist mir auf jeden Fall unverständlich. Wenn dieser Referentenentwurf verwirklicht worden wäre, wären alle Klagen überflüssig gewesen und wir würden schon seit mehr als zwei Jahren zu Ballenstedt gehören.

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